UMSTEIGEN? NEIN DANKE
Informationsveranstaltung über die geplante neue Streckenführung der Straßenbahnlinie 5 im Rieselfeld
Der Einladung des AK Verkehr im BürgerInnenVerein Rieselfeld BIV e.V. mit dem provokanten Titel „UMSTEIGEN? NEIN DANKE“ waren ca. 150 RieselfelderInnen gefolgt. Sie erlebten ein fair geführtes Ringen um die künftige Streckenführung der Stadtbahnlinie 5.
Hintergrund des Abends war die Zukunftsplanung der Freiburger Verkehrsbetriebe (VAG): Nach Fertigstellung der Kronenbrücke und Umgestaltung des Rotteckring soll die Linie 5 ab Heinrich-von-Stephan-Straße über die neue Achse Kronenbrücke – Stadttheater – Fahnenbergplatz zum Siegesdenkmal fahren. Wer – wie bisher – direkt zur Johanneskirche, zum Bertoldsbrunnen und Hauptbahnhof, Rathaus im Stühlinger oder zu den Kliniken und zum Hauptfriedhof gelangen will, muss an der Haltestelle „Am Lindenwäldle“ oder „Heinrich-von-Stephan-Straße“ in die Linie 3 umsteigen.
Nach der Begrüßung durch den BIV-Vorsitzenden Andreas Roessler präsentierte der AK Verkehr-Sprecher Erich Birkle die jetzige und die geplante Streckenführung. Speziell für Menschen mit Handicap, im Rollstuhl oder mit Rollator, mit Kinderwagen oder Gepäck sei das Umsteigen beschwerlich („Wir wollen eine Lösung, die uns keine Verschlechterung bringt.“). Es folgten die Erläuterungen der VAG-Position und -Planung durch Vorstand Oliver Benz. Von der anschließenden Diskussionsrunde machte das Publikum mit überwiegend sehr konstruktiven Vorschlägen über eine Stunde lang sehr regen Gebrauch. Von Seiten der Rollstuhlfahrer gab es viele Klagen über erhebliche Einstiegshindernisse an der Haltestelle Am Lindenwäldle, die auch durch den geplanten Umbau nicht behoben sein werden.
Bereits seit 2014 sind der AK Verkehr im BIV e.V. und die VAG miteinander im Gespräch. Immer wieder hat man sich über potenzielle Lösungen des von der VAG durchaus erkannten Problems ausgetauscht und es hatte sich sogar vorübergehend eine Lösung angedeutet, die VAG-Vorstand Benz jedoch wieder zurücknehmen musste. Seine Idee einer Linienführung der „5“ über den Rotteckring und Fahnenbergplatz zum Siegesdenkmal, aber dann zurück zum Bertoldsbrunnen, um von dort der bisherigen Linie 5 nach Zähringen über den Hauptfriedhof zu folgen, wurde von der VAG-Spitze aus verschiedenen nachvollziehbaren Gründen einkassiert (Fehlen der dringend nötigen Entlastung des Bertoldbrunnens, Orientierungsprobleme am Stadttheater für Ortsfremde u.a.).
Die vom AK Verkehr angedachte Lösung durch einen Switch der Linien 3 und 5 – das hieße, die Linie 5 würde ab der Haltestelle Am Lindenwäldle der Streckenführung der Linie 3 folgen und umgekehrt – scheitert an einer von der VAG ermittelten Fahrgastzählung. Es wurde nämlich im Vergleich der Linien 3 und 5 ein deutlich höheres Fahrgastaufkommen über die Linie 3 von der Endstation bis zum Lindenwäldle ermittelt als vom Rieselfeld, bedingt durch enorme Pendlerströme vom Knotenpunkt Munzinger Straße (Anbindung der Stadtbahnlinie 3 an die Buslinien 11, 14, 32, 33, 34, 35).
Über die Fahrgastzahlen auf den einzelnen Linien ist die VAG stets im Bilde: Die automatisierten Zählungen in den Stadtbahnfahrzeugen ergeben verlässliche Werte. So ist die Linie 5 zwischen Bollerstaudenstraße und Johanneskirche bzw. Bertoldsbrunnen ebenso stark besetzt wie zwischen diesen Haltestellen und dem Hauptbahnhof. Danach nimmt das Fahrgastaufkommen bis zur Hornusstraße rapide ab. Die neue Linie 4 hält im Bereich Zähringen nicht, was man sich von ihr versprochen hatte.
Die Zugeständnisse der VAG beschreibt die BZ in ihrem Beitrag vom 28. April 2018 folgendermaßen: „Weil die Bahnen morgens immer sehr voll sind, wird es zukünftig zwischen 6.30 und 8.30 Uhr sowohl auf der Linie 5 als auch auf der Linie 3 (Haid – Weingarten – Innenstadt – Vauban) statt eines 7,5-Minuten- einen 6-Minuten-Takt geben. Auf der Linie 5 sollen zudem ausschließlich Niederflurfahrzeuge unterwegs sein, die Rollstuhlfahrern ein leichteres Ein- und Aussteigen ermöglichen. Und die Umsteigehaltestelle „Am Lindenwälde“ werde in diesem Sommer umgebaut, kündigte Benz an. Geplant seien ein breiterer Bahnsteig, ein Blindenleitsystem und zwei größere Unterstände. Die Kosten lägen bei 175.000 Euro.“
Den ganzen Artikel kann man hier lesen:
www.badische-zeitung.de/vag-haelt-am-linienkonzept-fest
Sorge macht dem AK Verkehr im BIV e.V. und den Rieselfeld-BewohnerInnen überdies die geplante Anbindung des geplanten Stadtteils Dietenbach über die Linie 5: Weitere 15.000 BewohnerInnen könnten das System komplett überfordern. Oliver Benz beruhigte mit der Zusage einer engeren Taktung und Erhöhung der Kapazität durch längere Stadtbahnen.
Insgesamt wurde an diesem Abend klar, welche logistische Leistung hinter der Koordination einer Verkehrsplanung à la VAG steckt: Keinen Stadtteil in Taktung und Fahrzeugversorgung zu benachteiligen, ist eine große Herausforderung. Alle vom Publikum angesprochenen Kritikpunkte und Vorschläge wurden vom VAG-Mitarbeiter Grasser sorgfältig notiert und werden – so das Versprechen von Oliver Benz – dokumentiert und eingehend geprüft. Außerdem soll die neue Linienführung nach 6 Monaten Probelauf im Sommer/Herbst 2019 nochmals kritisch auf den Prüfstand gestellt werden.
Der BürgerInnenVerein Rieselfeld e.V. wird weiterhin mit der VAG im konstruktiven Gespräch bleiben und die Entwicklung begleiten.
Sigrid Hofmaier